Der Ehrenfriedhof
Kastel-Staadt

mit gefallenen deutschen Soldaten des 2. Weltkrieges

In dem kleinen 400-Seelen-Ort Kastel-Staadt im Kreis Trier-Saarburg findet der Besucher auf einem Felsplateau die würdevoll angelegte Ruhestätte für deutsche Gefallene des 2. Weltkrieges. Mahnend steht das Friedhofskreuz über den Gräbern und einem 200 m steil ins Saartal abfallenden Felsen. Gerade in diesem heute so stillen und reizvollen Saartal tobten schwere Kämpfe um den Westwall, die große Verluste bei Deutschen und Amerikanern forderten.

Ehrenfriedhof KastelZahlreiche Funde über die keltische und römische Epoche bis hin zur fränkischen Herrschaft belegen sichtbar die Anlage des Plateaus und als solche die siedlungsgeschichtliche Bedeutung. Urzelle der heutigen Anlage ist der in seiner Ausdehnung und Befestigung erkennbare Bereich des keltischen Oppidums.

Unmittelbar neben dem Ehrenfriedhof, ebenfalls auf einem markanten Felsvorsprung über der Saar stehend, hat Preußens König Friedrich-Wilhelm IV durch seinen bekannten Baumeister Friedrich von Schinkel eine kleine Totenkapelle für den 1346 in der Schlacht bei Crécy in Frankreich gefallenen blinden Grafen Johann von Luxemburg und Königs von Böhmen errichten lassen. Wenn auch der Leichnam des Königs 1946 nach Luxemburg verbracht wurde, so ist doch diese historische "Grabeskirche" wie der Ehrenfriedhof ein Erinnerungswerk an Krieg, Elend und Tod.

Der Besucher des Ehrenfriedhofs und auch dieser Homepage mögen einige Augenblicke in Erinnerung verharren und versuchen sich in das Schicksal und den Schmerz der hier Ruhenden und ihrer Angehörigen hineinzudenken. Den Älteren gelingt dies besser als der jüngeren Generation. Aber auch sie sollten sich sagen und erzählen lassen, wie sehr Deutsche, die weder den Krieg gesucht noch gewollt haben, ihn dennoch bis zum Tod erleiden mussten.

Gleich mit Kriegsbeginn am 1. September 1939 und der 3 Tage später erfolgten Kriegserklärung Frankreichs an Deutschland, fanden lange vor dem eigentlichen Frankreichfeldzug einzelne Gefechte zwischen deutschen und französischen Einheiten statt. Die französische Armee überschritt die deutsche Grenze westlich der Vogesen gegenüber Saarlouis, Saarbrücken und Zweibrücken mit dem Ziel, deutsche Truppen im Westen zur Entlastung Polens zu binden.

Anschaulich schildert der ehem. kommissarische Saarburger Landrat Norbert Hering die Situation nach der Evakuierung 1939 in unserem Grenzraum: ". . . Die zunächst am meisten bedrohte Stadt Perl geriet alsbald unter Granatbeschuss, auch das benachbarte grenznahe Dorf. Als ich dort - ich glaube es war Büschdorf - mich nachts davon überzeugen wollte, ob das Dorf geräumt sei, traf ich in einem Haus hinter Verdunklungsvorrichtungen eine ganze Gruppe von Mädchen - wohl des Reichsarbeitsdienstes - an. Diese warteten ängstlich auf ihren Abtransport. Ihre Angst wurde noch durch das Gerücht gesteigert, dass jenseits der Grenze im benachbarten Apach bereits die "Schwarzen" seien, womit Kolonialtruppen der französischen Armee gemeint waren."

Die 72. Infanteriedivision suchte eine geeignete Stelle für die Anlegung eines "Soldatenfriedhofes", wie er in den Altakten bezeichnet wird. Es mag neben der großen freien Fläche auch der historische Bezug zu den Kelten und Römern sowie dem "Blinden Böhmenkönigs" gewesen sein, dass man die Hochfläche über dem Saartal in unmittelbarem Anschluss an den heutigen Gemeindefriedhof und die alte Pfarrkirche als besonders geeignet fand.
Als Erster wurde der Soldat Ernst August Lohmeyer, gefallen am 26. September 1939, auf dem angedachten Soldatenfriedhof beigesetzt.


Das erste Soldatengrab von Ernst August Lohmeyer,
gefallen am 28.09.1939, 22 Jahre alt.


Die Gefechte weiteten sich aus und weitere Tote werden in Kastel-Staadt bestattet.

Beim Frankreichfeldzug stieg die Zahl der Gefallenen, aber die weitaus größten Opfer verlangte das blutige Ringen beim Frontübergang 1944/45. Die ersten Kämpfe auf deutschem Boden, die Eroberung des befestigten "Orscholzriegels" sowie der Westwallbunker auf der östlichen Saarseite, forderten in diesen Kämpfen auf beiden Seiten einen hohen Blutzoll. Die bis zum 23.02.1945 zwischen Obermosel und Saar gefallenen Deutschen wurden in Kastel-Staadt beigesetzt.


Bestattungen mit militärischen Ehren im März 1940
In der Mitte: Der Militärpfarrer, dahinter die Ehrenformation.


Nach dem Kriege wurden die Grabfelder provisorisch angelegt. In einer Stellungnahme des Amtsbürgermeisters von Saarburg-Land vom 15.01.1951 wird die Anlage beschrieben: ". . . Die ganzen Gräber befinden sich unter einer einheitlichen Rasendecke, jedoch befindet sich auf jedem Grab ein kleines Steinkreuz mit dem Namen des Toten. Weiter ist auf jedem Grab eine winterfeste Staude gepflanzt."


Der Ehrenfriedhof Kastel-Staadt bis 1955  

 


Einer der vielen Soldatenfriedhöfe in den Gemeinden,
hier in der Gemeinde Wiltingen

In den Jahren 1955/57 wurde der Ehrenfriedhof durch den "Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V." (VDK) mit Unterstützung von Bund, Land, Kreis und Gemeinde nach den Gestaltungsplänen von Professor Tischler aus München, Chefarchitekt des VDK, erweitert und neu angelegt. Die Erweiterung war notwendig, weil alle Gefallenen der Umgebung nach Kastel-Staadt umgebettet werden sollten. Teils erfolgten diese Umbettungen von den Gemeindefriedhöfen und teils befanden sich noch Einzelgräber in Wald und Flur.

Der Soldatenfriedhof der Stadt Saarburg war in der Nähe der Kaserne im Stadtteil Beurig. Dort waren 226 Gefallenen bestattet. Sie waren während des Frankreichfeldzuges als Verwundete in das in der Kaserne eingerichtete Lazarett gekommen und sind dort verstorben. Auch sie sollten in Kastel ihre letzte Ruhe finden.

Nach Abschluß der Arbeiten präsentierte sich eine beeindruckende Ehren- und Erinnerungsstätte in einer reizvollen, landschaftlichen Kulisse. Eingebunden in den Eingangsbereich wurde die alte Kasteler Pfarrkirche mit ihrem aus dem 12. Jahrhundert stammenden Kirchturm. An dem gegenüberliegenden Kopfende des Ehrenfriedhofs ein mächtiges Steinkreuz. Am Fuße des Kreuzes eine erhöhte Fläche als Ehren- und Sammelgrab (Kameradengrab) für die unbekannten Kriegstoten. Die übrigen Gefallenen ruhen in Einzelgräbern. Auf jedem Grab ein in die Erde eingelassener Stein in Kreuzesform mit Namen, Geburtstag und Todestag. Über den Grabfeldern in Dreiergruppen größere Steinkreuze. Sie sollen den Kameradschaftsgedanken über den Tod hinaus versinnbildlichen. Rund um die großzügig angelegte Gedenkstätte führt ein Hauptweg. Über schmale Querwege ist jedes einzelne Grab zu erreichen. Schlicht und einfach, aber dem Ort angemessen, sind die einheitlich mit Blaugras bepflanzten Gräber. Fast 1.400 Gefallene haben auf diesem Ehrenfriedhof ihre letzte Ruhe gefunden. Einige namentlich bekannte Gefallene konnten bei den Umbettungen nicht mehr identifiziert werden. Sie werden als "Unbekannte" geführt, liegen entweder in einem Einzelgrab oder ruhen ebenfalls in dem Kameradengrab am Fuße des Hauptkreuzes.

In einer Anlage dieser Homepage sind die Gefallenen namentlich mit Grablage nachgewiesen. In einer zweiten Anlage werden die Gefallenen geführt, deren Grablage auf dem Ehrenfriedhof Kastel-Staadt nicht bekannt ist und die in dem Kameradengrab bestattet sind. Über eine entsprechende Suchmaske kann auch in unserer Datenbanksuche nach verschiedenen Kriterien gesucht werden.

Die feierliche Einweihung des neu gestalteten Ehrenfriedhofes erfolgte am 17. November 1957. Dazu wurden auch die nächsten Angehörigen der Gefallenen eingeladen. Ihnen wurden die Fahrtkosten ersetzt und sie erhielten für zwei Tage freie Verpflegung und Übernachtung. Diese Zeit der 50er Jahre war noch geprägt von sehr vielen Anfragen der Angehörigen nach ihren vermissten oder gefallenen Ehemännern, Söhnen und Brüdern. Der "Kalte Krieg" machte es nicht immer möglich, das Grab eines Angehörigen zu besuchen.

Der Bruder eines Gefallenen schrieb am 24.11.1957 aus Deumen/Krs. Halle (DDR), also eine Woche nach der Einweihung, an die Amtsverwaltung Saarburg-Land: "Am 3.10.1957 bekam ich von der Gräberfürsorge Berlin für 2 Personen eine Einladung zur Einweihung des Ehrenfriedhofes Kastel-Staadt. Freie Rückfahrt mit 2 Tagen freier Unterkunft und Verpflegung wurde uns gewährt. Ich habe dann die beiden Formulare ausgefüllt und sie an die Gräberfürsorge nach Berlin abgeschickt. Es ist mein großer Wunsch und der jahrelange Wunsch meiner Mutter einmal an das Grab meines einzigen Bruders zu kommen. Ich habe sonst keine Geschwister. Auf Grund dieser Einladung habe ich nun bei unserem Kreispolizeiamt einen Interzonenpass beantragt. Dieser Paß wurde mir abgelehnt. Ich habe es dann nochmals versucht, aber auch leider wieder vergeblich. So was habe ich natürlich nicht erwartet. Ich werde es nun trotzdem zu einem späteren Zeitpunkt wieder versuchen. Ich bitte Sie nun von ganzem Herzen, uns doch noch die freie Rückfahrt und 2 Tage Unterkunft und Verpflegung zu gewähren. Denn wir haben ja keinerlei Verwandte in der Bundesrepublik. Ich werde Ihnen natürlich dann Nachricht geben, wenn es soweit ist. Schreiben Sie uns doch bitte, ob Sie dieses möglich machen können. Erfüllen Sie uns bitte unseren Wunsch. . . ."

In dem Antwortschreiben der Amtsverwaltung wird dem Bruder bestätigt, dass er und seine Mutter auch bei einem späteren Besuch des Grabes eine Rückfahrkarte bis zur Zonengrenze und einen Verpflegungskostenzuschuss erhalten werden. Soweit bekannt, war es Mutter und Bruder nie vergönnt am Grab ihres Angehörigen zu stehen.


Alte Ansichtskarte der Buchhandlung Ferd. Hegner, Saarburg


Viele verzweifelte Briefe gingen noch viele Jahren nach Kriegsende ein, wo nach dem Grab eines Angehörigen gesucht wird. Eine Mutter schreibt: "Seit fast 7 Jahren suchen wir die Grabstätte unseres Sohnes. Heute bekomme ich nun von einem früheren Kameraden die Nachricht, dass derselbe in Kastel gegenüber Serrig oder in Serrig beigesetzt sein soll." Leider war es eine Fehlinformation, der Sohn war weder in Serrig noch in Kastel bestattet. So musste vielen Suchenden die enttäuschende Nachricht gegeben werden, ". . . in Kastel ist ihr Sohn (oder ihr Ehemann) nicht bestattet". Wenn aber das Grab in Kastel war, dann kamen die Bitten um ein Foto vom Ehrenfriedhof und vom Grab an und es wurde Geld überwiesen um einen Kranz oder Blumen niederzulegen.

Die Erfüllung dieser Bitten war eine Ehrensache des damaligen Friedhofsgärtners Alois Leuk, der sich auch bei der Identifizierung der Toten und der Führung der Gräberlisten in hohem Maße verdient gemacht hat. Ihm folgte in den 60er Jahren als Friedhofsgärtner Klaus Gehlen, später widmeten sich dieser Aufgabe Johann Mangerich und ab April 1984 bis heute Rainer Angel.



Ehrenfriedhof heute


Inzwischen ist es um den Ehrenfriedhof wesentlich ruhiger geworden. Die nächsten Angehörigen der Gefallenen, wie Eltern, Ehefrauen oder Geschwister sind meist schon selbst verstorben. Nur noch die Kinder suchen hin und wieder das Grab des Vaters auf. Enkelkinder, die sich mit Familienforschung beschäftigen, finden ebenfalls den Weg zur Grabstätte ihres Großvaters.

Am Volkstrauertag jeden Jahres lädt der "Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V." zu einer zentralen Feierstunde ein, an der die offiziellen Vertreter des Landkreises Trier-Saarburg, der Verbandsgemeinde Saarburg, der Ortsgemeinde Kastel-Staadt, der Jugendfeuerwehren der Verbandsgemeinde und der Kyffhäuser-Kameradschaft Trier teilnehmen. Unter Mitwirkung der Kirchen beider Konfessionen und der örtlichen Vereine kommen viele aus Nah und Fern um der Kriegstoten zu gedenken. Es gehört zur guten Tradition, dass nicht nur die Bundeswehr sondern auch die in Saarburg stationierte französische Garnison mit einer militärischen Abordnung in Kastel vertreten ist.


Möge uns und künftigen Generationen Krieg und Terror erspart bleiben.


 


 


Bearbeitungsstand dieser Seite: 22.05.2005